Kann derzeit im Umlauf befindliches Cannabis nur aus illegalen Quellen stammen? Müssen Konsumenten daher als Zeugen über die Herkunft Auskunft geben? Jonathan Wittig über bedenkliche (Fehl-)Informationen seitens der Ermittlungsbehörden.

Das zum 1. April 2024 in Kraft getretene Cannabisgesetz (CanG) hat nicht nur vor seiner Verabschiedung für viel Furore gesorgt. Nach der gesellschaftlichen und politischen Debatte über die Entkriminalisierung, stehen nun auch bei der Umsetzung und Auslegung der Normen diverse rechtliche Fragen im Raum.

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Doch der Schlussfolgerung, jegliches derzeit im Umlauf befindliche Cannabis könne “nicht aus legalen Quellen stammen”, ist zu widersprechen. So bestand schon nach der alten Rechtslage bereits seit 2017 die Möglichkeit, medizinisches Cannabis auf Rezept legal zu erhalten. Rechtlich keineswegs geklärt ist auch, ob vor dem 1. April (illegal) privat angebaute Pflanzen seit dem 1. April legal besessen bzw. geerntet werden dürfen. Dafür spricht die Amnestie für vor dem 1. April verhängten Strafen nach dem Betäubungsmittelgesetz, die nach dem KCanG oder dem Medizinal-Cannabisgesetz nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind (Art. 13 EGStGB). Das derzeit im Umlauf befindliche Cannabis stammt also mitnichten nur von “zweifellos illegalen” Verkäufern oder aus nicht legalen Quellen.

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Die getroffenen Aussagen sind allenfalls bei wohlwollender Betrachtung ein gut gemeinter Ratschlag. Im Übrigen aber sind sie, zumindest teilweise, schlicht falsch. Sachkundige Personen oder Laien, die sich kundig machen, werden dies womöglich erkennen. Auf andere soll seitens der Ermittler offenbar eine Drohkulisse aufgebaut werden. Jedenfalls bleibt der Eindruck, die Adressaten sollen im Rahmen von Nudging dahingehend veranlasst werden, das vermeintlich illegal beschaffte Cannabis trotz erfolgter und durch die politische Mehrheit gewollter (Teil-)Legalisierung doch lieber nicht in der Öffentlichkeit zu konsumieren.

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Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, “mögliche Straftaten aufzuklären und wahrscheinliche Straftaten zu verfolgen”, nicht aber rechtlich zweifelhaften Verfolgungseifer zu demonstrieren. Pressearbeit ist insoweit legitim, wenn sie offen, ausgewogen und nicht vorverurteilend und an § 160 StPO und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz ausgerichtet geschieht. Bei proaktiver Pressearbeit ist Neutralität und Mäßigung geboten.

Dass man als Privatperson, Interessenverband oder Politiker die Teil-Legalisierung von Cannabis ablehnt und dies auch kundtut, ist legitim und nicht zu beanstanden. Hier spielen sich aber die Ermittlungsbehörden, in Gewand einer vermeintlich neutralen und offiziellen Botschaft und unter Verweis auf die Legalitätspflicht, als politischer Akteur und Meinungsmacher auf, indem neutrale Information mit partei-artiger Anmaßung von Interessenwahrnehmung und Verfolgungseifer vermischt wird. Dies steht den Ermittlungsbehörden nicht zu.

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